Blog 21: Was ist meine Firma wert?

Wer seine Firma verkaufen will, muss wissen, was sein Unter­nehmen wert ist und welchen Preis er für sein Unter­nehmen verlangen möchte — und ebenso wichtig: verlangen kann. Denn der Preis sollte ja auch bezahlt werden von der Käuferin oder vom Käufer. Das Wichtigste vorweg: der Wert ist nicht der Preis. Dennoch spielt die Unter­neh­mens­be­wertung bei der Preis­findung eine zentrale Rolle. Wir zeigen Ihnen Möglich­keiten, wie Sie den komplexen Prozess der Preis­findung meistern können und geben Ihnen die wichtigsten Antworten, die es braucht, damit eine Bewertung Hand und Fuss hat.

Wenn es um die Bewertung von Unter­nehmen geht, da kann einem als Unternehmer:in schon mal der Kopf zu rauchen beginnen. Und zwar schon bevor man sich überhaupt mit den verschie­denen Bewer­tungs­me­thoden zu befassen beginnt. Unser erster Tipp deshalb gleich zu Beginn: durch­laufen Sie den Prozess mit einem Profi, der das Handwerk versteht und dem Sie vertrauen. Und rechnen Sie genügend Zeit ein.

Wer sein Unter­nehmen verkaufen will und einen Verkaufs­preis definieren möchte, muss Zahlen aufbe­reiten, betrieb­liches von nicht betrieb­lichem Vermögen trennen, sich überlegen, was denn nun überhaupt das Übertra­gungs­objekt ist, sich bewusst werden, inwiefern die eigenen Emotionen den Preis beein­flussen, inwiefern ein angestrebter Preis finan­ziert werden kann vom Käufer, und noch einiges mehr. 

Je nachdem, ob ich Käufer:in oder Verkäufer:in bin, stehen bei der Preis­de­fi­nition unter­schied­liche Fragen im Zentrum. Die überge­bende Generation inter­es­siert sich für die Frage: “Was kriege ich für mein Unter­nehmen” und die Generation, welche die Firma übernehmen möchte, hätte gerne gewusst, was das Unter­nehmen kostet und wie sie diesen Preis finan­zieren kann. Die Erwar­tungen an die Bewertung sind also unter­schiedlich, je nach Perspektive, aus der man darauf blickt. Das macht den Prozess komplex.

Der Unternehmenswert ist nicht der Verkaufspreis

Der Verkaufs­preis einer Firma ist in der Regel Verhand­lungs­sache zwischen Verkäufer und Käufer. Als Grundlage fürs Verhandeln dienen verschiedene Überle­gungen, Zahlen und Fakten. Die Unter­neh­mens­be­wertung ist dabei ein Element des Verkaufs­preises, nicht aber das einzige. Denn: der Wert einer Firma alleine ist in der Regel nicht automa­tisch der Preis. Diese Aussage ist zentral — auch im 5‑Themenrad des St. Galler Nachfolge-Modells.

Insbe­sondere Kleinst- und Klein­un­ter­nehmen, die häufig privat gehalten und in Famili­enhand sind, sollten den Verkaufs­preis nicht rein auf einer finanz­tech­ni­schen Betrachtung abstützen. Der emotionale Wert beispiels­weise kann den Trans­ak­ti­ons­preis in Kleinst- und Klein­un­ter­nehmen massgeblich beein­flussen und sowohl Gefahr wie auch Chance sein für einen Nachfolgeprozess.

Abb. 1: Es braucht drei Elemente, um den Verkaufs­preis einer Firma zu bestimmen.

Wir von der St. Galler Nachfolge sind der Meinung, dass finanz­tech­nische Bewer­tungs­mo­delle alleine nicht ausreichen, um den Verkaufs­preis zu bestimmen. Es braucht ein ganzheit­liches Bild. Konkret: um eine Zahl zu ermitteln, die am Ende eines Nachfol­ge­pro­zesses verbindlich als Preis gilt zwischen Verkäufer und Käufer, müssen drei Dimen­sionen berück­sichtigt werden:

  • die Unter­neh­mens­be­wertung: fachtech­nische Bewertung
  • der emotionale Wert: Emotionen haben Einfluss auf den Verkaufspreis
  • die Finan­zier­barkeit des Verkaufspreises

Hinter jeder dieser drei Dimen­sionen gibt es verschiedene Arbeits­schritte zu berück­sich­tigen. Im Verlaufe des Jahres wird die St. Galler Nachfolge-Praxis jede Dimension vertieft beleuchten mit einer eigenen Schrift.

Den Anfang machen wir heute mit der Schrift Nr. 07 mit Fokus auf die “KMU Unter­nehmens-Bewertung”. Bis Ende Jahr werden wir hier auf unserer Plattform Schrift Nr. 08 zum “Emotio­nalen Wert” publi­zieren sowie Schrift Nr. 09 zur “Finan­zierung”.

Wert ist, was du bekommst – Preis ist, was du bezahlst. Sich dessen bewusst zu sein, ist zentral, wenn Käufer und Verkäufer den Verkaufs­preis einer Firma verhandeln.

Frank Halter, Nachfolgeexperte

Der Preis ist immer das Ergebnis einer Verhandlung und diese Verhandlung basiert im Kern auf den drei Dimen­sionen von Abbildung 1: es geht dabei um Finanzen, Kennzahlen, Rahmen­be­din­gungen und Erwar­tungs­hal­tungen beider Seiten. Ziel ist es, dass sich die Verhand­lungs­par­teien (Verkäufer und Käufer) am Ende gemeinsam auf eine Zahl einigen, die dann den Preis darstellt.

Welche Bewertungsmethode bringt mich ans Ziel?

Um ein KMU zu bewerten, kommen in der Praxis fast ausschliesslich Substanzwert, Ertragswert, Praktiker-Methode und Discounted-Cash Flow (DCF) als Methoden zum Einsatz. Wer sich vertieft dafür inter­es­siert, dem empfehlen wir die Lektüre unserer Schrift. Dort werden die einzelnen Bewer­tungs­me­thoden ausführlich erklärt. Steht eine Bewertung an, empfehlen wir, einen Experten (z.B. Treuhänder oder Wirtschafts­prüfer) damit zu beauf­tragen. Eine Unter­neh­mens­be­wertung zu erstellen, erfordert Fachwissen und Erfahrung.

Einen grossen Nutzen der Unter­neh­mens­be­wertung sehe ich auch darin, dass man sich intensiv ausein­an­der­setzt mit dem Unternehmen.

Andreas Salcher, Nachfolgeexperte

Je nach Bewer­tungs­me­thode können ganz unter­schied­liche Unter­neh­mens­werte resul­tieren. Je nach Branche, können die Unter­schiede zwischen den Ergeb­nissen gross ausfallen. Wir empfehlen deshalb einen Mix der verschie­denen Bewer­tungs­an­sätze, weil dann Stärken, Schwächen und Potenzial einer Firma am besten sichtbar werden. Eine Unter­neh­mens­be­wertung, die diese Kriterien erfüllt, ist unseres Erachtens am aussa­ge­kräf­tigsten. Voraus­setzung dafür ist — nebst dem Mischen von Bewer­tungs­me­thoden — eine fachkundige und diffe­ren­zierte Inter­pre­tation der Zahlen.

Bei einer Unter­neh­mens­be­wertung geht es nämlich nie nur um die nackte Zahlen, die am Ende auf dem Papier stehen. Relevant ist, wie die Zahlen ausgelegt und inter­pre­tiert werden. Das Zahlen­ma­terial von KMU muss diffe­ren­ziert angeschaut und die wesent­lichen Zusam­men­hänge müssen verstanden werden, um aussa­ge­kräftige Schlüsse ziehen zu können. 

Was kann eine Unternehmensbewertung?

Der häufigste Anlass für eine Unter­neh­mens­be­wertung von KMU ist die Unter­neh­mens­nach­folge. Eine Bewertung kann aber auch durch­ge­führt werden, um eine Status­be­stimmung vorzu­nehmen, ohne Eigentümerwechsel.

Die Unter­neh­mens­be­wertung kann eine objektive und neutrale Bewertung sein (z.B. für gericht­liche Zwecke) oder eine subjektive Wertermittlung, die von eigenen Zielen und unter­schied­lichen (emotio­nalen und ratio­nalen) Erwar­tungen geprägt ist.

Abb. 2: Unter­schied­liche Erwar­tungen an die Bewertung

Diese (rational und emotional) unter­schied­lichen Erwar­tungen an eine Bewertung können bei einem Nachfol­ge­prozess zu Diskus­sionen führen. Insbe­sondere dann, wenn die Bewertung eine subjektive Wertermittlung sein soll, die auch von eigenen Zielfunk­tionen geprägt ist.

Wie gehe ich eine Unternehmensbewertung an?

Wir empfehlen, eine Unter­neh­mens­be­wertung wie ein Projekt zu sehen und sie entspre­chend zu planen und dabei syste­ma­tisch vorzugehen:

Abb. 3: Syste­ma­tische Vorge­hens­weise bei der Unternehmensbewertung

Zuerst sollte man sich die richtigen Infor­ma­tionen beschaffen. In der Regel geschieht das über die Finanz- oder Betriebs­buch­haltung. Diese bildet die Basis, um verschiedene Kennzahlen für das Unter­nehmen zu berechnen. In einem zweiten Schritt wird das vorhandene Zahlen­ma­terial inter­pre­tiert. Um das Zahlen­ma­terial zu inter­pre­tieren, benötigt man die wesent­lichen Kennzahlen. In einem letzten Schritt wird dann die Bewertung vorgenommen.

Abb. 4: Magisches Dreieck der Finanzbuchhaltung

Um Kennzahlen für das Unter­nehmen zu berechnen, empfehlen wir die Grundidee des “magischen Dreiecks” anzuwenden. Das “magische Dreieck” hat zum Ziel, eine ausge­wogene Balance zwischen den Dimen­sionen Liqui­dität, Renta­bi­lität und Sicherheit zu gewähr­leisten. Um das langfri­stige “Überleben” des Unter­nehmens zu sichern, ist eine möglichst gute Balance zwischen diesen drei Zielset­zungen notwendig.

Fazit — das Wichtigste in Kürze

Wir machen die Erfahrung, dass eine Unter­neh­mens­be­wertung oft Erwar­tungs­hal­tungen im Bezug auf den Verkaufs­preis schafft, die dann nicht eingelöst werden können. Eine Folge davon kann sein, dass ein Nachfol­ge­prozess abgebrochen wird. Wir empfehlen deshalb, den Preis einer Firma schritt­weise und auf der Basis verschie­dener Elemente zu erarbeiten. 

  • Der Preis einer Firma ist Verhand­lungs­sache und basiert auf der Unter­neh­mens­be­wertung, dem emotio­nalen Wert und der Finanzierbarkeit.
  • Rein finanz­tech­nische Bewer­tungs­mo­delle greifen zu kurz. Der Verkaufs­preis sollte auf einem ganzheit­lichen Bild basieren.
  • Es spielt eine Rolle, ob ich Käufer:in bin oder Verkäufer:in. Je nachdem stehen andere Frage­stel­lungen im Zentrum und die Erwar­tungen an die Bewertung sind unterschiedlich. 
  • Der Wert ist nicht der Preis. Wert ist, was du bekommst – Preis ist, was du bezahlst.
  • Arbeiten Sie mit Experten, wenn es darum geht, eine Unter­neh­mens­be­wertung zu erstellen und die Zahlen zu inter­pre­tieren. Zahlen müssen fachkundig und im Kontext inter­pre­tiert werden. 
  • Mischen Sie die Bewer­tungs­me­thoden, um möglichst aussa­ge­kräftige Zahlen zu erhalten. Die fachkundige Inter­pre­tation der Zahlen lassen Schlüsse zu, was die Stärken, Schwächen und das Potenzial einer Firma sind.

Bei der Preis­findung am Markt spielen auch Faktoren wie Planungs­zeit­räume, Unter­neh­mens­grösse, Mobilität des Kapitals oder das wirtschaft­liche Umfeld eine grosse Rolle. Diesen Faktoren sind in der Nachfol­ge­planung grosse Aufmerk­samkeit zu schenken.

Ebenfalls ein wichtiger Faktor ist der Zeitpunkt, an dem die Unter­neh­mens­be­wertung statt­findet. Wir empfehlen, den zeitlichen Abstand zwischen der Definition eines Verkaufs­preises (basierend auf der Unter­neh­mens­be­wertung) und der Verkaufs-Trans­aktion so kurz wie möglich zu halten.

Mehr zum Thema “KMU Unternehmens-Bewertung”

Für alle, die sich vertieft mit dem Thema “KMU Nachfolge und Bewertung” ausein­an­der­setzen möchten, haben wir nützliche Inhalte aufbereitet:

Im Download-Center finden Sie zudem unter dem Schlagwort “Trans­ak­ti­ons­kosten” ergän­zende Arbeitsblätter.

Fotonachweis: Shutter­stock | Abbil­dungen: © St. Galler Nachfolge

Picture of Monika Waldburger

Monika Waldburger

Monika Waldburger ist in einem Familienunternehmen aufgewachsen. Sie kennt die Welt der KMU und weiss, wie komplex und vielfältig ein Nachfolgeprozess sein kann. Ihr beruflicher Werdegang ist vielfältig. Heute begleitet sie als Kommunikationsexpertin, zertifizierter Coach DBCA und Inner Change®–Coach (i.A.) Menschen und KMU im Wandel.